Liebe Schwester,
Ich kann dir heut nur wenig schreiben, denn die Post wird gleich abgehn, aber nächstens sollst du ge[w]iß mehr von mir hören. – Um das Einliegende sei doch so gut, einen Umschlag zu besorgen und es sogleich auf die Post zu geben, die Addresse ist: An H. Piesker, d. R. C. in Fredersdorf, bei Vogelsdorf, frei. F Ist er noch nicht in Berlin gewesen, ich habe noch nicht an ihm geschrieben, dies Einliegende kannst du lesen. – Wenn du meinen lezten Brief noch erhalten hast, ehe mein Coffer abgegangen ist, so packe doch unter meinen Sachen auch meine Pantoffeln ein, und besonders ein kleines Pappier, was in der rechten Westentasche meiner violetten seidnen Weste steckt (bewunderst du nicht mein Gedächtniß) es ist ein armseel[i]ges Ding, aber ohne ihm kann ich die Anna nicht weiter schreiben. – Sind die Pappiere und etwas Wäsche schon abgeschickt, in einem Paket oder so, so laß nur die Pantoffeln zurück, und schicke mir das Pappier in deinem nächsten Briefe, den ich sobald als möglich erwarte. – Deinen einen Brief habe ich bekommen, aber warum schreibst du nicht, – du bist doch nicht kranck, das will ich nicht hoffen! – Meine lieben Eltern sind doch auch noch gesund? – Schreibe mir doch ja hübsch fleissig. – Schmol nimm seinen dummen Streich nicht übel, er hat es wirklich eigentlich nicht böse gemeint, er ist ein kleiner Pedant. – Nächstens werde ich wieder etwas nach Be[r]lin schicken. [Du reisest doch noch mit nach Wörlitz?] Auf deine kleinen Gedichte, oder was es ist, freue ich mich, ich hoffe, du hast es mit eingepackt. – Grüsse doch mein[en] liebe[n] Vat[er] und meine Mutter, nach Halle sollen sie durchaus kein Geld mehr schicken, es wäre ja schändlich von mir, wenn ich das zugeben wollte. – Grüsse doch den Künstler, wenn du ihn sehn solltest, erinnre ihn, daß er den Laokoon ließt, ich werde ihn sonst auf Ostern ausprügeln. [Ich wollte, ich könnte dem guten Jungen ein paar Dukaten mitschicken, auf Ostern vielleicht.] – Schreibe mir ja nächstens, ich warte mit einer rechten Sehnsucht darauf, – vergiß es nicht, – Du bist doch auch nicht böse auf mich? – Auf Ostern wollen wir recht vergnügt sein.
Dein zärtliche[r] Brud.
Tieck.
Götg am
30tn Nvbr.
1792.
Ich kann dir heut nur wenig schreiben, denn die Post wird gleich abgehn, aber nächstens sollst du ge[w]iß mehr von mir hören. – Um das Einliegende sei doch so gut, einen Umschlag zu besorgen und es sogleich auf die Post zu geben, die Addresse ist: An H. Piesker, d. R. C. in Fredersdorf, bei Vogelsdorf, frei. F Ist er noch nicht in Berlin gewesen, ich habe noch nicht an ihm geschrieben, dies Einliegende kannst du lesen. – Wenn du meinen lezten Brief noch erhalten hast, ehe mein Coffer abgegangen ist, so packe doch unter meinen Sachen auch meine Pantoffeln ein, und besonders ein kleines Pappier, was in der rechten Westentasche meiner violetten seidnen Weste steckt (bewunderst du nicht mein Gedächtniß) es ist ein armseel[i]ges Ding, aber ohne ihm kann ich die Anna nicht weiter schreiben. – Sind die Pappiere und etwas Wäsche schon abgeschickt, in einem Paket oder so, so laß nur die Pantoffeln zurück, und schicke mir das Pappier in deinem nächsten Briefe, den ich sobald als möglich erwarte. – Deinen einen Brief habe ich bekommen, aber warum schreibst du nicht, – du bist doch nicht kranck, das will ich nicht hoffen! – Meine lieben Eltern sind doch auch noch gesund? – Schreibe mir doch ja hübsch fleissig. – Schmol nimm seinen dummen Streich nicht übel, er hat es wirklich eigentlich nicht böse gemeint, er ist ein kleiner Pedant. – Nächstens werde ich wieder etwas nach Be[r]lin schicken. [Du reisest doch noch mit nach Wörlitz?] Auf deine kleinen Gedichte, oder was es ist, freue ich mich, ich hoffe, du hast es mit eingepackt. – Grüsse doch mein[en] liebe[n] Vat[er] und meine Mutter, nach Halle sollen sie durchaus kein Geld mehr schicken, es wäre ja schändlich von mir, wenn ich das zugeben wollte. – Grüsse doch den Künstler, wenn du ihn sehn solltest, erinnre ihn, daß er den Laokoon ließt, ich werde ihn sonst auf Ostern ausprügeln. [Ich wollte, ich könnte dem guten Jungen ein paar Dukaten mitschicken, auf Ostern vielleicht.] – Schreibe mir ja nächstens, ich warte mit einer rechten Sehnsucht darauf, – vergiß es nicht, – Du bist doch auch nicht böse auf mich? – Auf Ostern wollen wir recht vergnügt sein.
Dein zärtliche[r] Brud.
Tieck.
Götg am
30tn Nvbr.
1792.