Liebste Schwester,
Verzeih, daß dieser Brief so spät zukömmt, wenn ich auch wenig an dich schreibe, so kannst du doch glauben, daß ich immer sehr fleißig an dich dencke, ich bin etwas fleißig gewesen und ein Paar Tage an Zahnschmerzen kranck und dies hat mich vom Schreiben zurückgehalten, Wakkenroder kann sich wenigstens nicht rühmen, mehrere Briefe als du bekommen zu haben. – Du bist gesund, ich hoffe es und vergnügt, ich wünsche es. – Ich habe wieder etwas nach Berlin geschickt, das erste Buch von Abdallah, wenn du dich dessen noch erinnerst, du wirst es wohl nicht eher als gedruckt zu sehn bekommen. – Für dein Urtheil über den Roßtrapp danck’ ich dir recht sehr, du wirst nach und nach ein sehr guter Rezensent werden. – Hast du Piesker gar nicht zu sehn bekommen? Der kleine Schlingel schreibt mir gar nicht. – Hat dir Wakkenroder nicht ein neues Trauerspiel, der Abschied, von mir gezeigt? – Du siehst, daß ich statt deinen Brief zu beantworten, mit Fragen anfange. – Nun werden wir uns ja bald, sehr bald sehn, und ich freue mich sehr auf diesen Augenblick, wenn auch das Wetter unsre Reise nach Wörlitz verhindern sollte, so wollen wir dafür in Berlin desto frölicher sein. – Ueber Dahme werde ich natürlich nicht reisen, denn da ich ihr nicht geschrieben habe, so wird sie wahrscheinlich auch böse auf mich sein, der Brief an dich mag wohl etwas affectirt sein, denn das ist ihre große Schwäche, sie spricht zehnmal mehr, als sie empfindet und täuscht auf den ersten Augenblick sehr.
Wegen der Stiefeln werden wir uns so lange streiten, bis ich nach Berlin komme, ich habe andre aus Halle mitgebracht, di[e]se hier kenne ich sehr gut, ich trug sie vor 3 oder 4 Jahren, sie standen in der hintern Stube hinterm Bette und der Künstler wollte sie vor 2 Jahren nicht tragen, ich kann sie hier nicht brauchen. – Doch, das thut nichts, ich habe izt andre.
Geldma[n]gel leide ich nicht, denn wozu sollte ich Geld brauchen? – Deswegen brauchst du nicht im mindesten besorgt zu sein. –
Daß ich hier ziemlich fleissig bin, weißt du schon, daß ich bald komme, ebenfals, was kann ich dir noch schreiben, daß du nicht wüstest? – Was hat denn Vater zu dem Tod des Kön[i]gs von Franckreich gesagt? – Der Künstler schreibt ja gar nichts, es ist der wahre Esel. Daß Bernhardi so geduldig ist, und sich von ihm in Thon aushauen läßt, wundert mich sehr, denn es wird langsam genug dabei zugehen. –
Hier fängt es izt schon an, [sehr schö]nes Wetter zu werden, es wird schon Frühl[in]g. – Ich bin hier erstaunlich wenig ausgegangen, dafür habe ich aber den Shakspear noch mehr, als sonst auswendig gelernt. – Sorge dafür, daß du recht gesund und munter bist, wenn ich nach Berlin komme, denn daran wird mir am meisten liegen, wenn schön Wetter ist, wollen wir dann recht viel ausgehn, – verzeih, wenn ich abbreche, glaube mir fest, daß ich dich über alles liebe, daß ich dich nie vergeße, – aber ich muß heut noch viele Briefe schreiben, und noch vieles zu Stande bringen, ehe ich von hier abreise. – Grüße meine lieben Eltern von mir recht herzlich, auch den Künstler und versteht sich auch, wenn du irgend einen unsrer Verwandten sehen solltest.
Dein zärtlichst. Brud.
Tieck.
Verzeih, daß dieser Brief so spät zukömmt, wenn ich auch wenig an dich schreibe, so kannst du doch glauben, daß ich immer sehr fleißig an dich dencke, ich bin etwas fleißig gewesen und ein Paar Tage an Zahnschmerzen kranck und dies hat mich vom Schreiben zurückgehalten, Wakkenroder kann sich wenigstens nicht rühmen, mehrere Briefe als du bekommen zu haben. – Du bist gesund, ich hoffe es und vergnügt, ich wünsche es. – Ich habe wieder etwas nach Berlin geschickt, das erste Buch von Abdallah, wenn du dich dessen noch erinnerst, du wirst es wohl nicht eher als gedruckt zu sehn bekommen. – Für dein Urtheil über den Roßtrapp danck’ ich dir recht sehr, du wirst nach und nach ein sehr guter Rezensent werden. – Hast du Piesker gar nicht zu sehn bekommen? Der kleine Schlingel schreibt mir gar nicht. – Hat dir Wakkenroder nicht ein neues Trauerspiel, der Abschied, von mir gezeigt? – Du siehst, daß ich statt deinen Brief zu beantworten, mit Fragen anfange. – Nun werden wir uns ja bald, sehr bald sehn, und ich freue mich sehr auf diesen Augenblick, wenn auch das Wetter unsre Reise nach Wörlitz verhindern sollte, so wollen wir dafür in Berlin desto frölicher sein. – Ueber Dahme werde ich natürlich nicht reisen, denn da ich ihr nicht geschrieben habe, so wird sie wahrscheinlich auch böse auf mich sein, der Brief an dich mag wohl etwas affectirt sein, denn das ist ihre große Schwäche, sie spricht zehnmal mehr, als sie empfindet und täuscht auf den ersten Augenblick sehr.
Wegen der Stiefeln werden wir uns so lange streiten, bis ich nach Berlin komme, ich habe andre aus Halle mitgebracht, di[e]se hier kenne ich sehr gut, ich trug sie vor 3 oder 4 Jahren, sie standen in der hintern Stube hinterm Bette und der Künstler wollte sie vor 2 Jahren nicht tragen, ich kann sie hier nicht brauchen. – Doch, das thut nichts, ich habe izt andre.
Geldma[n]gel leide ich nicht, denn wozu sollte ich Geld brauchen? – Deswegen brauchst du nicht im mindesten besorgt zu sein. –
Daß ich hier ziemlich fleissig bin, weißt du schon, daß ich bald komme, ebenfals, was kann ich dir noch schreiben, daß du nicht wüstest? – Was hat denn Vater zu dem Tod des Kön[i]gs von Franckreich gesagt? – Der Künstler schreibt ja gar nichts, es ist der wahre Esel. Daß Bernhardi so geduldig ist, und sich von ihm in Thon aushauen läßt, wundert mich sehr, denn es wird langsam genug dabei zugehen. –
Hier fängt es izt schon an, [sehr schö]nes Wetter zu werden, es wird schon Frühl[in]g. – Ich bin hier erstaunlich wenig ausgegangen, dafür habe ich aber den Shakspear noch mehr, als sonst auswendig gelernt. – Sorge dafür, daß du recht gesund und munter bist, wenn ich nach Berlin komme, denn daran wird mir am meisten liegen, wenn schön Wetter ist, wollen wir dann recht viel ausgehn, – verzeih, wenn ich abbreche, glaube mir fest, daß ich dich über alles liebe, daß ich dich nie vergeße, – aber ich muß heut noch viele Briefe schreiben, und noch vieles zu Stande bringen, ehe ich von hier abreise. – Grüße meine lieben Eltern von mir recht herzlich, auch den Künstler und versteht sich auch, wenn du irgend einen unsrer Verwandten sehen solltest.
Dein zärtlichst. Brud.
Tieck.