den 28ten [Oktbr]
Vergib mir liebster Bruder das ich dir nicht eher schrieb, tausend Kleinigkeiten hielten mich ab es ist in der kleinen Stube ein Ofen gebaut und so etwas mehr. Ich danke dir für deinen lieben Brief und für jede Zurechtweisung ob Du mich gleich ein wenig zu hart tadelst. Du hast sehr recht das du mich schwach nenst aber ich will doch sehen ob ich diese Schwäche nicht entschuldigen kan. Rechne es dir nicht zum Verdienst an das du stärker bist bedencke selbst die verschiedenen Verhältniße in denen wir leben. Ich bin sehr davon überzeugt das du mich herzlich liebst aber du hast immer einen Freund zur Seite dem du dich mitheilen kanst du lebst überhaupt mehr in Zerstreuung als ich und kanst die Trennung von mir also nicht so schmerzlich empfinden. Wen ich auf der weiten Erde der einzige Mensch währe dem du dich vertrauen köntest liebster Bruder du würdest anders dencken. Als du abreistest verlohr ich mit dir jede Geselschaft mir blieb selbst nicht einmal ein Geschöpf mit dem ich hätte lustig sein können viel weniger das jemand einen kleinen Grad von Freundschaft für mich gehabt hätte. Ich wahr also ganz mir selbst gelaßen ich hatte keine Freude als einen Brief von dir. Ich zählte ängstlich jeden Tag bis zu deiner Ankunft ich sahe dich und jede dieser angenehmen Tage wahren wie ein Traum verflogen. Den Winter hindurch besuchte mich Wackenroder – ich hatte anfangs viel Vertrauen zu ihm wir nährten uns und ich hofte in seiner Geselschaft manchmal froh zu sein. Aber es schreckte mich zurik das er mir so [h]äufich Bücher besorgte jedes mal so pünklich eine Stunde bei mir blieb er schien mir oft so kalt und fremde kurz du weist wohl das sich oft alles vereinigt um uns gegen einen Menschen zurickhalten zu machen er blieb mir immer sehr wehrt aber doch hatte er einen theil meines Zutrauens verlohren. Zudem hatte mir die Begebenheit mit Schmohl eine tiefe Wunde geschafen. Endlich kam Ostern und ich sahe dich noch einmal auf ein par Tage. Ich fühlte mich nie so unglücklich als da wir uns damals trenten indeß die Vernunft siegte. Du hattest mir versprochen im Sommer zu kommen. Du kamst nicht und schriebst ich würde dich auf Mi[c]haeli gewiß sehen. Ich muste also meine Freude ein par Wochen weiter hinaus sch[i]eben und nun schreibst du ich würde dich erst auf Ostern vieleicht gar erst auf Pfingsten sehen dan verlangst du ich soll darüber nicht traurig sein und frägst um mich zu beruhigen was du mir in ein par Tagen sein kanst. Überdencke das einmal recht genau und dan frage ich dich ob du meinen Schmerz so ungerecht nennen kanst. Ich bin nicht so schwach zu fordern das du so wie ich fühlen solst ja es würde mich sogar unglücklich machen wen einer deiner Briefe in einer so traurigen Stimmung geschrieben währe. Ich freue mich jedesmal herzlich wen ich aus deinen Briefen sehe das du vergnügt bist aber ich kan doch auch eine Träne nicht unterdrüken das ich es nicht sein kan. O Vergib mir lieber Bruder was ich schreibe ich bin grade jezt nicht heiter ich bin heut so misvergnügt. Doch ich wil davon abbrechen und von etwas anders mit dir reden. Bernhardi besucht mich jezt oft ich liebe ihn sehr er ist mein Freund er schreibt mir Briefe – liest mir seine Schri[f]ten vor kurz wir bringen manchen Abend angenehm mit einander zu wir sprechen viel und oft von dir und freuen uns gemeinschaftlich auf den Augenblick wo wir dich wiedersehen werden das also meine Lage jezt erträglicher ist als sonst wirst du leicht ein [s]ehen wen nur Ostern nicht noch gar zu fern währe und dan das wir uns noch einmal trennen müßen ach Gott das ist traurig. Doch ich will ja nicht klagen wen wir uns dan wiedersehen dan leben wir gewiß zusammen. Meinen lezten Brief scheinst du ganz unrecht verstanden zu haben den von alle dem was du mir schreibst traue ich dir nichts zu sondern ich fürchtete nur das ich einen kleinen theil deiner Liebe verliehren könte und das du ein klein wenig eitler geworden währest. Ich schicke dir einen Brief der M W mit der auch sogleich eine Antwort auf den deinigen enthält. Ich glaube die W übertrift an Gühte den lieben Gott den wie ich aus der Antwort sehe so kan dein Brief nichts zärtliches enthalten haben und sie ist so bereitwillig zu vergeben. Die thuts dan doch in ihrer Bewerbung einen jeden Manne zuvor. Ich bitte dich ernstlich lieber Bruder hebe den Brief auf er ist mir einiger Ausdrüke wegen wichtig den ich halte die W nun zu alles mögliche fähig. Ich bitte dich recht sehr liebster Bruder schreib mir doch recht sehr bald wieder und schreib mir diesen Winter recht oft. Vater und Mutter der Künstler und Peter laßen dich alle herzlich grüßen den alten Gottlieb habe ich versprechen müßen wen du im Frühling komst mit dir ihn in Teltow zu besuchen wen das möglich währe so würde es mir gewiß recht viel Freude machen. Lebe wohl mein lieber bester Bruder es ist schon sehr spät ich wil jezt zu bette gehn wen ich nur bald wieder einen Brief von dir erhielt
Die Post komt morgen aber ich erhalte gewiß keine. Schlaf wohl mein lieber Bruder und dencke und schreibe recht oft an deine dich
zärtlich liebende Schwe[ster]
S Tieck.
Schreib mir doch wie Wackenroder lebt wen er einmal zeit hat und er wieder an mich schreiben wolte so würde mich das sehr freuen. Lebe wohl.
Vergib mir liebster Bruder das ich dir nicht eher schrieb, tausend Kleinigkeiten hielten mich ab es ist in der kleinen Stube ein Ofen gebaut und so etwas mehr. Ich danke dir für deinen lieben Brief und für jede Zurechtweisung ob Du mich gleich ein wenig zu hart tadelst. Du hast sehr recht das du mich schwach nenst aber ich will doch sehen ob ich diese Schwäche nicht entschuldigen kan. Rechne es dir nicht zum Verdienst an das du stärker bist bedencke selbst die verschiedenen Verhältniße in denen wir leben. Ich bin sehr davon überzeugt das du mich herzlich liebst aber du hast immer einen Freund zur Seite dem du dich mitheilen kanst du lebst überhaupt mehr in Zerstreuung als ich und kanst die Trennung von mir also nicht so schmerzlich empfinden. Wen ich auf der weiten Erde der einzige Mensch währe dem du dich vertrauen köntest liebster Bruder du würdest anders dencken. Als du abreistest verlohr ich mit dir jede Geselschaft mir blieb selbst nicht einmal ein Geschöpf mit dem ich hätte lustig sein können viel weniger das jemand einen kleinen Grad von Freundschaft für mich gehabt hätte. Ich wahr also ganz mir selbst gelaßen ich hatte keine Freude als einen Brief von dir. Ich zählte ängstlich jeden Tag bis zu deiner Ankunft ich sahe dich und jede dieser angenehmen Tage wahren wie ein Traum verflogen. Den Winter hindurch besuchte mich Wackenroder – ich hatte anfangs viel Vertrauen zu ihm wir nährten uns und ich hofte in seiner Geselschaft manchmal froh zu sein. Aber es schreckte mich zurik das er mir so [h]äufich Bücher besorgte jedes mal so pünklich eine Stunde bei mir blieb er schien mir oft so kalt und fremde kurz du weist wohl das sich oft alles vereinigt um uns gegen einen Menschen zurickhalten zu machen er blieb mir immer sehr wehrt aber doch hatte er einen theil meines Zutrauens verlohren. Zudem hatte mir die Begebenheit mit Schmohl eine tiefe Wunde geschafen. Endlich kam Ostern und ich sahe dich noch einmal auf ein par Tage. Ich fühlte mich nie so unglücklich als da wir uns damals trenten indeß die Vernunft siegte. Du hattest mir versprochen im Sommer zu kommen. Du kamst nicht und schriebst ich würde dich auf Mi[c]haeli gewiß sehen. Ich muste also meine Freude ein par Wochen weiter hinaus sch[i]eben und nun schreibst du ich würde dich erst auf Ostern vieleicht gar erst auf Pfingsten sehen dan verlangst du ich soll darüber nicht traurig sein und frägst um mich zu beruhigen was du mir in ein par Tagen sein kanst. Überdencke das einmal recht genau und dan frage ich dich ob du meinen Schmerz so ungerecht nennen kanst. Ich bin nicht so schwach zu fordern das du so wie ich fühlen solst ja es würde mich sogar unglücklich machen wen einer deiner Briefe in einer so traurigen Stimmung geschrieben währe. Ich freue mich jedesmal herzlich wen ich aus deinen Briefen sehe das du vergnügt bist aber ich kan doch auch eine Träne nicht unterdrüken das ich es nicht sein kan. O Vergib mir lieber Bruder was ich schreibe ich bin grade jezt nicht heiter ich bin heut so misvergnügt. Doch ich wil davon abbrechen und von etwas anders mit dir reden. Bernhardi besucht mich jezt oft ich liebe ihn sehr er ist mein Freund er schreibt mir Briefe – liest mir seine Schri[f]ten vor kurz wir bringen manchen Abend angenehm mit einander zu wir sprechen viel und oft von dir und freuen uns gemeinschaftlich auf den Augenblick wo wir dich wiedersehen werden das also meine Lage jezt erträglicher ist als sonst wirst du leicht ein [s]ehen wen nur Ostern nicht noch gar zu fern währe und dan das wir uns noch einmal trennen müßen ach Gott das ist traurig. Doch ich will ja nicht klagen wen wir uns dan wiedersehen dan leben wir gewiß zusammen. Meinen lezten Brief scheinst du ganz unrecht verstanden zu haben den von alle dem was du mir schreibst traue ich dir nichts zu sondern ich fürchtete nur das ich einen kleinen theil deiner Liebe verliehren könte und das du ein klein wenig eitler geworden währest. Ich schicke dir einen Brief der M W mit der auch sogleich eine Antwort auf den deinigen enthält. Ich glaube die W übertrift an Gühte den lieben Gott den wie ich aus der Antwort sehe so kan dein Brief nichts zärtliches enthalten haben und sie ist so bereitwillig zu vergeben. Die thuts dan doch in ihrer Bewerbung einen jeden Manne zuvor. Ich bitte dich ernstlich lieber Bruder hebe den Brief auf er ist mir einiger Ausdrüke wegen wichtig den ich halte die W nun zu alles mögliche fähig. Ich bitte dich recht sehr liebster Bruder schreib mir doch recht sehr bald wieder und schreib mir diesen Winter recht oft. Vater und Mutter der Künstler und Peter laßen dich alle herzlich grüßen den alten Gottlieb habe ich versprechen müßen wen du im Frühling komst mit dir ihn in Teltow zu besuchen wen das möglich währe so würde es mir gewiß recht viel Freude machen. Lebe wohl mein lieber bester Bruder es ist schon sehr spät ich wil jezt zu bette gehn wen ich nur bald wieder einen Brief von dir erhielt
Die Post komt morgen aber ich erhalte gewiß keine. Schlaf wohl mein lieber Bruder und dencke und schreibe recht oft an deine dich
zärtlich liebende Schwe[ster]
S Tieck.
Schreib mir doch wie Wackenroder lebt wen er einmal zeit hat und er wieder an mich schreiben wolte so würde mich das sehr freuen. Lebe wohl.