Jena, 1801 17/XII
Nachdem Sie, lieber schreibfauler Freund, in einer Ewigkeit nichts von sich hören lassen, überraschen Sie mich sehr angenehm mit der Ankündigung des Octavian: dann gleich mit der ersten Hälfte des Mscpts. So habe ich mit einemmale 3. Briefe von Ihnen zu beantworten vor mir und muß doch von einer andern Sache früher anfangen!
Durch Me Veit weiß ich von Br. Vorschlag in Hinsicht Ihrer und Frf. a/M. Sie nimmt sehr lebhaften Anteil daran und da sie weiß daß das mit mir wenigstens nicht weniger der Fall seyn würde und sie doch Br. nicht ganz traut, so hat sie mich ins Interesse gezogen. Den Brief von Ihnen an Br. hat sie nicht abgegeben aus Gründen die sie selbst Ihnen sagen wird und die ich nicht mißbilligen konte, da besonders bei Br. rasender Indiscrezion es Goethe nicht gut aufnehmen konte mit diesem zusammen zu kommen. Ich habe dagegen bey ihr eine Zusammenkunft mit Br. gehabt, und recht zufrieden daß er sich wirklich für Sie aus mehrern Rücksichten ernsthaft intressirt, aber doch eigentlich in der Sache directe nichts thun kann und darf, wie er selbst bewiesen. Doch hat er indirecte einen Brief, auf meinen Rath geschrieben, der so aussehn muß als habe er von Ihrem Schritt nur gehört, nichts selbst dazu gethan! Dagegen habe ich, auch mit ihm es gut überlegt, Ihren Brief an die Direction couvertirt und an meinen Banquier, der glüklicherweise zu keiner Parthey gehört und mit allen gut steht, zur Abgabe gesandt und dabey diesen recht ernstlich zur Unterstüzzung Ihres Gesuchs aufgefordert, so kömmt er doch noch ganz unvorbereitet und unbegleitet an. Die Hauptsache blieb aber Göthe und diese habe ich übernommen und bin deshalb gestern bey ihm gewesen. Er wird Ihnen gern selbst schreiben, hat mir aber aufgetragen Ihnen die Hauptresultate unsrer Unterredung mitzutheilen.
Ich fand ihn recht guter Laune und mit sehr viel wahrem Wohlmeinen und -wollen für Sie! Er kennt die dortigen Verhältnisse des ganzen Theaterwesens in sich und in seinen Verhältnissen der Akzionärs, Direction und Publikums ganz genau, ist selbst zweimal um Rath gefragt worden, hat es aber immer von sich abgelehnt, und kann deshalb auch für Sie nichts in der Sache thun. Sie ist von Grund aus verdorben und der Karren ist so tief in Dreck geschoben, daß er schwer je wieder ganz auf troknen Boden kommen wird. Es ist eine völlige Anarchie, die nur durch eine ans Despotische gränzende Authorität[?], verbunden mit der genausten Kentnis des gemeinsten kleinlichsten, und erbermlichsten details des ganzen Theaterwesens und durch einen beim Theater aufgewachsenen Schauspieler, der sich beim Directorio, deren Akzionärs, den Schauspielern und dem Publikum gleich sehr in Achtung zu erhalten wüßte, allenfalls in eine leidliche Ordnung gebracht werden könte! Dabey sey an irgend eine Realisirung idealistischer Ideen für die Kunst bei dem Publikum gar nicht zu denken, sondern nur immer dem erbermlichsten Geschmack desselben zu fröhnen um die Kasse zu füllen, worauf es dort eigentlich ganz allein abzusehen sey! So wäre für einen Mann wie Sie beynahe nicht die kleinste Realisirung besserer Ueberzeugung zu hoffen, sondern nur eine fortgehende Aufopferung und ewige Geduldsprüfung im Nachgeben der größten Erbermlichkeiten. Bey diesen Umständen könne er Ihnen also zur Annahme nicht rathen, wolle Ihnen aber auch nicht unbedingt abrathen. Es wäre ein Glüksspiel was vielleicht gelingen könne, dessen Ende aber ihm doch am wahrscheinlichsten das scheine, daß Sie selbst nach 6. Monaten Gott danken würden, los zu kommen! Sollte man also auf Ihren Antrag reflectiren, so mögten Sie auf jeden Fall sich eine Retraite sichern, daß wenigstens von dieser Seite Ihnen am Ende eine Pension und dgl. daraus erwüchse: 100 T. Reisekosten: eine jährige Benefiz Vorstellung, müssen Sie nach meiner Meinung sich als von selbst verstehend auf jeden Fall sichern! Sollte diese Idee realisirt werden, so denke ich mir doch daß nebenher für Sie mancher Vortheil daraus erwachsen könte! Wenn nun gleich, mein lieber Freund, diese Nachrichten nicht ganz Ihren Wünschen entsprechen werden, so sehen Sie doch meinen guten Willen hierbey für Sie zu thun, was nur in meinen Kräften war! Antwortet mir mein Banquier, ein sehr braver Mann, über diese Sache etwas bestirntes, so gebe ich Ihnen sogleich weitere Nachricht darüber.
Ihren Octavian habe ich mit der Veit, meiner Frau und Rittern (der seit ein paar Wochen bey mir wohnt und Sie herzlich grüßt) gelesen, er hat uns einen frohen Abend gemacht und uns alle herzlich erbaut. Wir sind fast alle bisher der Meinung, daß es bey Ihren Arbeiten dieser Art obenan steht und daß Ihr Fleiß sich im Zaum zu halten und nicht zu weit seitab zu schweifen, ganz unverkennbar ist. Damit steht es in höherer poetischer Rüksicht der Genoveva gewiß nicht nach und schon dieser erste Theil rundet sich zu einem schönen Ganzen! Der Prolog mit der Romanze ist sehr schön und nur bey Einführung des Glaubens, der Liebe, Tapferkeit und des Scherzes Ihnen vielleicht nicht alles gelungen. So macht sich auch die Romanze, an der Stelle des Chors der Alten ganz köstlich und überhaupt ist das Ganze reich an hervorstechend schönen Stellen, sowohl im sentiment[al]en als komischen! Ob aber dies Stück der Gemeinheit vielmehr entsprechen wird, ist doch die Frage, diese ist unselig und bleibt zu gemein auch Sie mein Freund können ihr noch lange nicht genüg[e] thun, daß aber glaube ich auch daß dieser Octavian wieder mit dazu beytragen wird, einen Theil des Publikums Ihnen zu gewinnen, welcher anfängt an Sie zu glauben, ohne Sie aber zu verstehen. So wird Ihre Kirche, doch nach und nach immer etwas größer und bildet sich zu einem intressanten Ziele in der großen Masse unsrer Zeit.
Den Druck des Octavian will ich übrigens auch bald anfangen, wohl noch in diesem Jahre. Daher senden Sie mir nur bald den Schluß, nach dessen Lektüre wir uns alle sehnen! Ich werde beim Druck alle Ihre Wünsche, die Sie so bestimmt auseinandersezzen möglichst zu erfüllen suchen und er soll, hoffe ich, korrect und sehr gefällig, zu Ihrer Zufriedenheit ausfallen! Das Mscpt ist recht gut geschrieben und um für alles, um so besser zu sorgen, will ich selbst eine Korrektur besorgen! Die Idee mit einem Kupfer habe ich auch schon gehabt, und bin daher gar nicht abgeneigt darauf zu entriren, nur hasse ich mit Ihnen den schlechten! Hartmann achte ich auch als einen vorzüglichen Zeichner und weiß nur nicht ob ihm auch so kleine Kupfer gelingen, da ich nichts der Art von ihm gesehen! Auch müßte seine Zeichnung wohl doch unter seinen Augen gestochen werden und da kenne ich wieder niemand dem ichs auftragen mögte. In Leipzig werde ich Bohm vorzuschlagen, wenn H. den vieleicht kente! Ueberlegen Sie die Sache mit ihm und finden Sie es gut, so machen Sie das in Ordnung, nur muß es nicht zu kostbar werden, um das Buch bey der kleinen Auflage nicht zu sehr zu vertheuern. Beim Format nehmen Sie das von poet. Journal an, so ist es doch nicht gar zu klein.
Sie wissen mein Freund wie gern ich immer Ihre Wünsche erfüllt habe in Hinsicht von Vorschüssen, sobald ich konte, aber diesmal kann ich Ihnen vor der Messe nichts vom Honorar versprechen! Kein Teufel zahlt und alles will bey meinem Wesen in der Druckerei und bey Papier Einkauf, der im Winter fällt, Geld haben! So habe ich diesen Winter selbst die größte Noth mit Ehren durchzukommen, und hätten Sie mir nur früher geschrieben daß ich auf den Octavian noch rechnen könte, so hätte ich allenfalls zu etwas Rath schaffen können, so aber kann ich mich zu nichts verbinden. Geht mir vor der Messe noch ein Glücks Stern auf, so sollen Sie indes gewiß endlich Theil daran nehmen. Dabey bleibt es eben nach meinem Versprechen daß wir meinen Vorschuß von über 300 rl. bei diesem Stück mit nichts in Rechnung bringen.
Glauben Sie sicher daß mir nicht bloß meines Vortheils sondern der Sache selbst, und des Geschreis der Nikolaiten wegen, das Betragen des poet. Journals sehr weh gethan hat! Ich leide wirklich beträchtlichen Schaden dabey, bleibe aber unsrer Abrede getreu, nach meinem Vorschlage noch 2. Stücke zu liefern! Wir wollen diese als 2t. Bd. ausgeben und zu den ersten zwey Stückn einen Titel als 1n. Bd. nachliefern, und dabei will ich die Miene annehmen als wenn es noch recht lange fortgesezt werde, vieleicht erzwingen wir doch wenigstens einen mäßigen Absaz. Die verzagende Erscheinung der Fortsezzung, und das ganze Stück im Text haben viel beigetragen den Absatz so zu schwächen! Daher hätten diesen Sommer schon die 2. Stükke kommen sollen; schicken Sie mir als nur das Mscpt recht schnell und melden mir zugleich was allenfalls beim Druck zurück bleiben kann um mich mit der Bogenzahl darnach zu richten, denn unter diesen Umständen dürfen wir wahrlich dem Publikum nicht zuviel geben! Den Druck fange ich an sobald das Mscpt zu einem Stück in meinen Händen ist, und wünsche das 2te gleich hinterher vorzunehmen!
Auf Hardenbergs Roman freue ich mich sehr und so würde ich den Nachlaß auch gern gedruckt haben, wenn ich es früher gewußt hätte! Izt ist es mir aber nicht möglich, ich habe fürs nächste Jahr schon zuviel, das Geld ist gar zu knapp und ich muß erst abwarten ob die nächste Messe die Zeiten besser macht.
Ungers deutsche Lettern werde ich mir übrigens nie anschaffen und also schwerlich je etwas daraus drucken.
Die velin Explre des Almanachs werden Sie durch die Schlegel erhalten haben. Wir haben uns besonders über Ihre und Novalis Arbeiten in demselben gefreut.
Daß Sie diesen Herbst nicht herkamen war recht fatal, aber freilich kann ich mir’s bei der Störung des Sommers wohl erklären! Ihres Bruders Bekantschaft war uns eine große Freude und wir hoffen ihn bald wieder hier zu sehen! Er hat eine köstliche, sehr ähnliche Büste von Göthe geliefert und der Schlegel eine sehr brave, auch frappant ähnliche, große Zeichnung von Schelling!
Steffens hat seit October kommen wollen, ist aber immer noch nicht hier, und keiner von uns weiß seitdem directe etwas von ihm!
Was sagen Sie dazu daß die Genoveva Kozzebuen so sehr intressirt hat, daß er fast Lust hätte sie großentheils mit Beibehaltung Ihrer Worte fürs Theater zu bearbeiten wenn Sie es billigten! Das wäre ein eigner Spaß! Was ihm darin nicht gefällt, daran sind die Schlegels eben Schuld. So meint er auch der Mortimer wäre ohne Ihren Golo erst da und letzterer behage ihm weit mehr!
Sonst geht es hier alles seinen Train fort, die Partheyen vermeiden sich und jede nimmt und sucht Gelegenheit auf die Andern mehr oder minder loszuziehn! Uns die wir zu keiner gehören macht dies oft Spaß, aber oft ist es doch sehr wunderlich, weil es die Geselligkeit stört. Ps und seine Frau kränkeln diesen Winter beyde, Schelling scheint sich zu überreizen, und der Schlegel ist oft recht jemmerlich, so wie auch die Veit. Friedrich hoffen wir bald wieder hier zu haben!
Ich bin diesen Winter wohl, bis auf schlimme Augen die mich neulich durch Wochen quälten, nun aber wieder besser sind. Hanchen ist im ganzen izt gesun[der] als im Anfang des Sommers, wo sie eine Periode hatte in der sie sehr schwach war, unsre heitre freye Wohnu[ng] hat dabey gute Dienste gethan und bekömmt besonders den Kindern, mit dem Garten hinter derselben, vortreflich. Beide machen uns große Freude und Fritz ist ein stra[m]mige[r] Bengel der eben so anhaltend wild, als richtig thätig seyn kann, Ulrike aber ist das närischste, eigensinnig [ste] und wieder gute, frohe, lebhafte kleine Mädchen, was ich beynahe je gesehen! Mine macht sich sehr hübsch aus; und fängt an allgemeine Gnade von den jungen Leuten zu finden, ohne daß sie noch ein Arges daraus nimmt! Bey Wesse[l]hoeft (der herzlich für Ihr Andenken dank[t] und bey dem ersten Ausfliegen antreten wird) ist alles leidlich, Robert und Eduard haben die Masern gehabt, sind aber fast durch!
Daß bey Ihnen alles gesund, heiter und froh ist macht uns große Freude. Erhalten Sie Sich ja dabey! Wann werden wir uns wiedersehen?
Was ich eben wegen Ffr. Sache geschrieben, ist vieleich[t] zu ehrlich, lassen Sie Sichs also ja nicht abhalten der Sache ihren Lauf zu lassen! Reflectirt man auf Sie, so kann leicht irgend eine feste Revenue für Sie daraus erwachsen und das wäre prächtig, dann diene es Ihre Erwartungen etwas zu abspannen, reflectirt man nicht, so diene es zur Beruhigun[g] einer fehlgeschlagenen Hofnung.
Tausend der herzlichsten Grüße von uns allen an Sie insgesammt.
Ganz der Ihrige
Fr.Fr.
Nachdem Sie, lieber schreibfauler Freund, in einer Ewigkeit nichts von sich hören lassen, überraschen Sie mich sehr angenehm mit der Ankündigung des Octavian: dann gleich mit der ersten Hälfte des Mscpts. So habe ich mit einemmale 3. Briefe von Ihnen zu beantworten vor mir und muß doch von einer andern Sache früher anfangen!
Durch Me Veit weiß ich von Br. Vorschlag in Hinsicht Ihrer und Frf. a/M. Sie nimmt sehr lebhaften Anteil daran und da sie weiß daß das mit mir wenigstens nicht weniger der Fall seyn würde und sie doch Br. nicht ganz traut, so hat sie mich ins Interesse gezogen. Den Brief von Ihnen an Br. hat sie nicht abgegeben aus Gründen die sie selbst Ihnen sagen wird und die ich nicht mißbilligen konte, da besonders bei Br. rasender Indiscrezion es Goethe nicht gut aufnehmen konte mit diesem zusammen zu kommen. Ich habe dagegen bey ihr eine Zusammenkunft mit Br. gehabt, und recht zufrieden daß er sich wirklich für Sie aus mehrern Rücksichten ernsthaft intressirt, aber doch eigentlich in der Sache directe nichts thun kann und darf, wie er selbst bewiesen. Doch hat er indirecte einen Brief, auf meinen Rath geschrieben, der so aussehn muß als habe er von Ihrem Schritt nur gehört, nichts selbst dazu gethan! Dagegen habe ich, auch mit ihm es gut überlegt, Ihren Brief an die Direction couvertirt und an meinen Banquier, der glüklicherweise zu keiner Parthey gehört und mit allen gut steht, zur Abgabe gesandt und dabey diesen recht ernstlich zur Unterstüzzung Ihres Gesuchs aufgefordert, so kömmt er doch noch ganz unvorbereitet und unbegleitet an. Die Hauptsache blieb aber Göthe und diese habe ich übernommen und bin deshalb gestern bey ihm gewesen. Er wird Ihnen gern selbst schreiben, hat mir aber aufgetragen Ihnen die Hauptresultate unsrer Unterredung mitzutheilen.
Ich fand ihn recht guter Laune und mit sehr viel wahrem Wohlmeinen und -wollen für Sie! Er kennt die dortigen Verhältnisse des ganzen Theaterwesens in sich und in seinen Verhältnissen der Akzionärs, Direction und Publikums ganz genau, ist selbst zweimal um Rath gefragt worden, hat es aber immer von sich abgelehnt, und kann deshalb auch für Sie nichts in der Sache thun. Sie ist von Grund aus verdorben und der Karren ist so tief in Dreck geschoben, daß er schwer je wieder ganz auf troknen Boden kommen wird. Es ist eine völlige Anarchie, die nur durch eine ans Despotische gränzende Authorität[?], verbunden mit der genausten Kentnis des gemeinsten kleinlichsten, und erbermlichsten details des ganzen Theaterwesens und durch einen beim Theater aufgewachsenen Schauspieler, der sich beim Directorio, deren Akzionärs, den Schauspielern und dem Publikum gleich sehr in Achtung zu erhalten wüßte, allenfalls in eine leidliche Ordnung gebracht werden könte! Dabey sey an irgend eine Realisirung idealistischer Ideen für die Kunst bei dem Publikum gar nicht zu denken, sondern nur immer dem erbermlichsten Geschmack desselben zu fröhnen um die Kasse zu füllen, worauf es dort eigentlich ganz allein abzusehen sey! So wäre für einen Mann wie Sie beynahe nicht die kleinste Realisirung besserer Ueberzeugung zu hoffen, sondern nur eine fortgehende Aufopferung und ewige Geduldsprüfung im Nachgeben der größten Erbermlichkeiten. Bey diesen Umständen könne er Ihnen also zur Annahme nicht rathen, wolle Ihnen aber auch nicht unbedingt abrathen. Es wäre ein Glüksspiel was vielleicht gelingen könne, dessen Ende aber ihm doch am wahrscheinlichsten das scheine, daß Sie selbst nach 6. Monaten Gott danken würden, los zu kommen! Sollte man also auf Ihren Antrag reflectiren, so mögten Sie auf jeden Fall sich eine Retraite sichern, daß wenigstens von dieser Seite Ihnen am Ende eine Pension und dgl. daraus erwüchse: 100 T. Reisekosten: eine jährige Benefiz Vorstellung, müssen Sie nach meiner Meinung sich als von selbst verstehend auf jeden Fall sichern! Sollte diese Idee realisirt werden, so denke ich mir doch daß nebenher für Sie mancher Vortheil daraus erwachsen könte! Wenn nun gleich, mein lieber Freund, diese Nachrichten nicht ganz Ihren Wünschen entsprechen werden, so sehen Sie doch meinen guten Willen hierbey für Sie zu thun, was nur in meinen Kräften war! Antwortet mir mein Banquier, ein sehr braver Mann, über diese Sache etwas bestirntes, so gebe ich Ihnen sogleich weitere Nachricht darüber.
Ihren Octavian habe ich mit der Veit, meiner Frau und Rittern (der seit ein paar Wochen bey mir wohnt und Sie herzlich grüßt) gelesen, er hat uns einen frohen Abend gemacht und uns alle herzlich erbaut. Wir sind fast alle bisher der Meinung, daß es bey Ihren Arbeiten dieser Art obenan steht und daß Ihr Fleiß sich im Zaum zu halten und nicht zu weit seitab zu schweifen, ganz unverkennbar ist. Damit steht es in höherer poetischer Rüksicht der Genoveva gewiß nicht nach und schon dieser erste Theil rundet sich zu einem schönen Ganzen! Der Prolog mit der Romanze ist sehr schön und nur bey Einführung des Glaubens, der Liebe, Tapferkeit und des Scherzes Ihnen vielleicht nicht alles gelungen. So macht sich auch die Romanze, an der Stelle des Chors der Alten ganz köstlich und überhaupt ist das Ganze reich an hervorstechend schönen Stellen, sowohl im sentiment[al]en als komischen! Ob aber dies Stück der Gemeinheit vielmehr entsprechen wird, ist doch die Frage, diese ist unselig und bleibt zu gemein auch Sie mein Freund können ihr noch lange nicht genüg[e] thun, daß aber glaube ich auch daß dieser Octavian wieder mit dazu beytragen wird, einen Theil des Publikums Ihnen zu gewinnen, welcher anfängt an Sie zu glauben, ohne Sie aber zu verstehen. So wird Ihre Kirche, doch nach und nach immer etwas größer und bildet sich zu einem intressanten Ziele in der großen Masse unsrer Zeit.
Den Druck des Octavian will ich übrigens auch bald anfangen, wohl noch in diesem Jahre. Daher senden Sie mir nur bald den Schluß, nach dessen Lektüre wir uns alle sehnen! Ich werde beim Druck alle Ihre Wünsche, die Sie so bestimmt auseinandersezzen möglichst zu erfüllen suchen und er soll, hoffe ich, korrect und sehr gefällig, zu Ihrer Zufriedenheit ausfallen! Das Mscpt ist recht gut geschrieben und um für alles, um so besser zu sorgen, will ich selbst eine Korrektur besorgen! Die Idee mit einem Kupfer habe ich auch schon gehabt, und bin daher gar nicht abgeneigt darauf zu entriren, nur hasse ich mit Ihnen den schlechten! Hartmann achte ich auch als einen vorzüglichen Zeichner und weiß nur nicht ob ihm auch so kleine Kupfer gelingen, da ich nichts der Art von ihm gesehen! Auch müßte seine Zeichnung wohl doch unter seinen Augen gestochen werden und da kenne ich wieder niemand dem ichs auftragen mögte. In Leipzig werde ich Bohm vorzuschlagen, wenn H. den vieleicht kente! Ueberlegen Sie die Sache mit ihm und finden Sie es gut, so machen Sie das in Ordnung, nur muß es nicht zu kostbar werden, um das Buch bey der kleinen Auflage nicht zu sehr zu vertheuern. Beim Format nehmen Sie das von poet. Journal an, so ist es doch nicht gar zu klein.
Sie wissen mein Freund wie gern ich immer Ihre Wünsche erfüllt habe in Hinsicht von Vorschüssen, sobald ich konte, aber diesmal kann ich Ihnen vor der Messe nichts vom Honorar versprechen! Kein Teufel zahlt und alles will bey meinem Wesen in der Druckerei und bey Papier Einkauf, der im Winter fällt, Geld haben! So habe ich diesen Winter selbst die größte Noth mit Ehren durchzukommen, und hätten Sie mir nur früher geschrieben daß ich auf den Octavian noch rechnen könte, so hätte ich allenfalls zu etwas Rath schaffen können, so aber kann ich mich zu nichts verbinden. Geht mir vor der Messe noch ein Glücks Stern auf, so sollen Sie indes gewiß endlich Theil daran nehmen. Dabey bleibt es eben nach meinem Versprechen daß wir meinen Vorschuß von über 300 rl. bei diesem Stück mit nichts in Rechnung bringen.
Glauben Sie sicher daß mir nicht bloß meines Vortheils sondern der Sache selbst, und des Geschreis der Nikolaiten wegen, das Betragen des poet. Journals sehr weh gethan hat! Ich leide wirklich beträchtlichen Schaden dabey, bleibe aber unsrer Abrede getreu, nach meinem Vorschlage noch 2. Stücke zu liefern! Wir wollen diese als 2t. Bd. ausgeben und zu den ersten zwey Stückn einen Titel als 1n. Bd. nachliefern, und dabei will ich die Miene annehmen als wenn es noch recht lange fortgesezt werde, vieleicht erzwingen wir doch wenigstens einen mäßigen Absaz. Die verzagende Erscheinung der Fortsezzung, und das ganze Stück im Text haben viel beigetragen den Absatz so zu schwächen! Daher hätten diesen Sommer schon die 2. Stükke kommen sollen; schicken Sie mir als nur das Mscpt recht schnell und melden mir zugleich was allenfalls beim Druck zurück bleiben kann um mich mit der Bogenzahl darnach zu richten, denn unter diesen Umständen dürfen wir wahrlich dem Publikum nicht zuviel geben! Den Druck fange ich an sobald das Mscpt zu einem Stück in meinen Händen ist, und wünsche das 2te gleich hinterher vorzunehmen!
Auf Hardenbergs Roman freue ich mich sehr und so würde ich den Nachlaß auch gern gedruckt haben, wenn ich es früher gewußt hätte! Izt ist es mir aber nicht möglich, ich habe fürs nächste Jahr schon zuviel, das Geld ist gar zu knapp und ich muß erst abwarten ob die nächste Messe die Zeiten besser macht.
Ungers deutsche Lettern werde ich mir übrigens nie anschaffen und also schwerlich je etwas daraus drucken.
Die velin Explre des Almanachs werden Sie durch die Schlegel erhalten haben. Wir haben uns besonders über Ihre und Novalis Arbeiten in demselben gefreut.
Daß Sie diesen Herbst nicht herkamen war recht fatal, aber freilich kann ich mir’s bei der Störung des Sommers wohl erklären! Ihres Bruders Bekantschaft war uns eine große Freude und wir hoffen ihn bald wieder hier zu sehen! Er hat eine köstliche, sehr ähnliche Büste von Göthe geliefert und der Schlegel eine sehr brave, auch frappant ähnliche, große Zeichnung von Schelling!
Steffens hat seit October kommen wollen, ist aber immer noch nicht hier, und keiner von uns weiß seitdem directe etwas von ihm!
Was sagen Sie dazu daß die Genoveva Kozzebuen so sehr intressirt hat, daß er fast Lust hätte sie großentheils mit Beibehaltung Ihrer Worte fürs Theater zu bearbeiten wenn Sie es billigten! Das wäre ein eigner Spaß! Was ihm darin nicht gefällt, daran sind die Schlegels eben Schuld. So meint er auch der Mortimer wäre ohne Ihren Golo erst da und letzterer behage ihm weit mehr!
Sonst geht es hier alles seinen Train fort, die Partheyen vermeiden sich und jede nimmt und sucht Gelegenheit auf die Andern mehr oder minder loszuziehn! Uns die wir zu keiner gehören macht dies oft Spaß, aber oft ist es doch sehr wunderlich, weil es die Geselligkeit stört. Ps und seine Frau kränkeln diesen Winter beyde, Schelling scheint sich zu überreizen, und der Schlegel ist oft recht jemmerlich, so wie auch die Veit. Friedrich hoffen wir bald wieder hier zu haben!
Ich bin diesen Winter wohl, bis auf schlimme Augen die mich neulich durch Wochen quälten, nun aber wieder besser sind. Hanchen ist im ganzen izt gesun[der] als im Anfang des Sommers, wo sie eine Periode hatte in der sie sehr schwach war, unsre heitre freye Wohnu[ng] hat dabey gute Dienste gethan und bekömmt besonders den Kindern, mit dem Garten hinter derselben, vortreflich. Beide machen uns große Freude und Fritz ist ein stra[m]mige[r] Bengel der eben so anhaltend wild, als richtig thätig seyn kann, Ulrike aber ist das närischste, eigensinnig [ste] und wieder gute, frohe, lebhafte kleine Mädchen, was ich beynahe je gesehen! Mine macht sich sehr hübsch aus; und fängt an allgemeine Gnade von den jungen Leuten zu finden, ohne daß sie noch ein Arges daraus nimmt! Bey Wesse[l]hoeft (der herzlich für Ihr Andenken dank[t] und bey dem ersten Ausfliegen antreten wird) ist alles leidlich, Robert und Eduard haben die Masern gehabt, sind aber fast durch!
Daß bey Ihnen alles gesund, heiter und froh ist macht uns große Freude. Erhalten Sie Sich ja dabey! Wann werden wir uns wiedersehen?
Was ich eben wegen Ffr. Sache geschrieben, ist vieleich[t] zu ehrlich, lassen Sie Sichs also ja nicht abhalten der Sache ihren Lauf zu lassen! Reflectirt man auf Sie, so kann leicht irgend eine feste Revenue für Sie daraus erwachsen und das wäre prächtig, dann diene es Ihre Erwartungen etwas zu abspannen, reflectirt man nicht, so diene es zur Beruhigun[g] einer fehlgeschlagenen Hofnung.
Tausend der herzlichsten Grüße von uns allen an Sie insgesammt.
Ganz der Ihrige
Fr.Fr.