Dresden den 1. December 1802.
An Ludwig Tieck.
– – Lieber T., es scheint mir doch, als würde ich bald sehen können, wie ich ein ganz ordentlicher Mensch würde, und alles arbeitet auch jetzt daran, so daß ich doch ein bischen was Festes in mir finde, woran ich mich halten kann.
Es sind mir so verschiedene Gedanken gekommen, die mir doch viel Grund zu haben scheinen, und ich kann sie noch gar nicht zum Wanken bringen, so daß ich fast meyne, sie stehen fest. Ich glaube, daß ich Sie nun ein wenig verstehe, was Sie eigentlich unter Landschaft meynen. In der ganzen alten Geschichte haben, wie es mir scheint, alle Künstler immer dahin gestrebt, in den Menschen das Regen und Bewegen der Elemente und Naturkräfte zu sehen, und auszudrücken; wie im Homer und in der eigentlichen Geschichte immer nicht sowohl die Menschen individuell, sondern so genommen sind, wie die gewaltige Zeit sich in ihnen geregt hat; auch im Shakspeare; und vorzüglich in allen den antiken Bildern, und dies wäre so nach meinen Gedanken wohl das Abzeichen und der bestimmteste Unterschied der historischen Kunst von der Landschaft; auf solche Weise wäre auch nach dem jüngsten Gericht von Michelangelo nicht gar viel mehr möglich gewesen. – Die Landschaft bestände nun natürlich in dem umgekehrten Satze, daß die Menschen in allen Blumen und Gewächsen, und in allen Naturerscheinungen, sich und ihre Eigenschaften und Leidenschaften sähen; es wird mir bey allen Blumen und Bäumen vorzüglich deutlich und immer gewisser, wie in jedem ein gewisser menschlicher Geist und Begriff oder Empfindung steckt und wird es mir so klar, daß das noch vom Paradiese her seyn muß; es ist grade so das reinste, was noch in der Welt ist, und worin wir Gott, oder sein Abbild – nämlich das, was Gott zu der Zeit, da er die Menschen schuf, Mensch geheißen hat – erkennen können. Denn weiter soll sich doch wohl der Mensch kein Bild von Gott machen, er kann es auch nicht. Es steht auch in der Bibel: „Als Gott der Herr gemacht hatte von der Erden allerley Thier auf dem Felde, und allerley Vögel unter dem Himmel, brachte er sie zu dem Menschen, daß er sehe, wie er sie nennete, denn wie der Mensch allerley lebendige Thier nennen würde, so sollten sie heißen.“ – Ich meyne, daß man das so nehmen könnte: welchen Geist der Mensch in sie legte, den sollten sie haben. Das wäre denn so erst die rechte Blume, denn ich nehme auch an, daß die Blumen dabey gewesen sind, und nun, dächte ich, müßten wir es einmal erst erforschen, was denn wohl noch für ein Name darin sitzt.
Wie der Teufel zuerst die Erde verbrannt hat und die arme Seele so tief und finster eingesperrt, da hat Gott das Licht ausgehen lassen, und nun sehnt sie sich zum Licht und das lebendige Wasser quillt aus dem harten Fels, und es gehen auf allerley Blumen und Kraut und viel lebendige Thiere, und viel hunderttausend Menschenstimmen sprechen für sie und sehnen sich zum Licht, und doch hält die arme Mutter tief in der Erde den Menschen fest und er kann sie nicht verlassen; und der Teufel kommt des Nachts und streut das giftige Unkraut und schlechtes Zeug dazwischen, daß lauter Unheil entsteht, und man den lieben Blumen nicht mehr traut; und nur durch die Offenbarung Gottes können wir sie alle wieder erkennen, und dann bleiben sie und vergehen nicht, so lange die Welt steht. Ich meyne, es ist dasselbe mit den Menschen, denn ganz wunderbar ist es, wie schöne und herrliche Gedanken manche Leute von sich geben, und wie fest die gesunde Natur alles ohne Bewußtseyn zusammenhangend in ihnen macht, aber wenn die Blüthe, die paar Jahre vergangen sind, so fallen sie ab, und es bleibt die elendeste Practik der Gedanken sowohl wie jeder andern Qualität in ihnen nach. Und wie die Blumen sich befruchten im Sonnenschein, und dann Frucht bringen, so ist es mit dem Menschen, der zu der kräftigen vollen Zeit seines Lebens Gottes Liebe erkennt und sich mit dem himmlischen Licht verbindet, in dem bleibt die Jugend ewiglich, und die Kunst und jede Wissenschaft wird je länger je fester in ihm.
„Lamech sprach zu seinen Weibern Ada und Zilla: Ihr Weiber Lamechs, höret meine Rede, und merket was ich sage: Ich habe einen Mann erschlagen mir zur Wunden, und einen Jüngling mir zur Beulen. Cain soll siebenmal gerochen werden, aber Lamech sieben und siebenzigmal.“ Das war der Lamech, von dem die Künste kommen, und dies war gewiß das beste und einzige, was sie hatten, als der Teufel das Unkraut gesäet hatte.
„Und Heva gebar einen Sohn, den hieß sie Seth. Denn Gott hat mir, sprach sie, einen Saamen gesetzt für Habel, den Cain erwürget hat. Und Seth zeugete auch einen Sohn, und hieß ihn Enos. Zu derselbigen Zeit fing man an zu predigen von des HERRN Namen,“ und das ist der gute Stamm, und der Zweig, auf welchem die rechte Frucht doch nur wachsen kann, und auf diesen festen Grund ist noch keine Kunst gebaut. Mich dünkt immer, wenn es das nicht ist, was ich meyne, wenn ich an eine schöne neue Kunst denke, so ist’s nicht viel, und so muß es doch wieder ganz den Gang der Schöpfung gehen, und wir müssen von dem Kraut auf dem Felde anfangen, das zu verstehen. – Und „Du sollst dir kein Bild von Gott machen,“ das ist nur die große Schönheit, die wir alle ahnen, – und es ist doch auch wieder da zu sehen: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr;“ und dann: „Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen, sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht; ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist, als derselben eine.“ Es ist so himmlisch schön, dieser allergrößten Schönheit nachzuspüren, daß ich den festen Glauben habe, ich werde hier etwas einsehen und verstehen lernen; und wenn wir nun dieses Land entdecken, was ist nun besser: wir setzen uns nur eben hinein und sprechen von da heraus allerley Herrlichkeiten in die Welt hinaus, die gar Wenige nur ahnen können, verstehen fast niemand? oder: wir suchen den Weg dahin ordentlich fahrbar zu machen?
Es muß in der Welt eine große Confusion machen und sehr viel Gutes zurückgehen und rein platt getreten werden, wenn einer das Höchste gleich ausspricht; der Saame findet keinen Grund und geht nicht auf. Wie würde es wohl geworden seyn, als der Teufel Christum auf die Zinne des Tempels führte und sagte: Bist du Gottes Sohn, so laß dich herab; und er nun der Versuchung nicht widerstanden hätte?
Ich meyne, lieber Tieck, daß, wenn wir das Land würklich entdeckten, wir unser Leben daran setzen müßten, die Brücken zu bauen; und so Schritt vor Schritt immer ein bischen davon sehen ließen.
Es ist mir so klar, daß doch die Blumen wenigstens mir sehr verständliche Geschöpfe sind, und ich sollte denken, daß ich es durch mein Leben ordentlich dahin bringen könnte, daß sie schon recht viel verstanden würden, wenn man es nur auf eine gescheute Art anfinge; und ich will Ihnen sagen, wie ich meyne, daß ich mir und dem werthen Publicum, wenn dem darum zu thun ist, ordentlich ein Thema aufgeben, und es hernach immer wiederholen und völlig durchführen könnte.
Sie wissen von der Idee mit der Quelle; ich habe öfters mit Ihnen davon gesprochen, und von daher sind mir alle diese Gedanken gekommen. Ich wollte nämlich auf diesem Bilde alle bekannten Blumen machen, die ich kenne, und die Bedeutung haben, und die haben sie alle, wenn wir sie nur recht darauf ansehen. Nun würde ich durch die Composition der Blumen jene ganze Idee von der ersten Entstehung an auszudrücken suchen, so daß die Lilie im höchsten Licht steht, wo sich die rothen, gelben, und blauen Blumen herumdrängen, und wo der Eichenbaum wie ein Held die Zweige über sie streckt. So sollen nun durch die muntern Töne aus der Quelle, die sich in die Blumen verlieren, die Blumen erst die Bedeutung erhalten, und in denselben muß eigentlich dieselbe Composition seyn, so daß dies ein Uebergang ist. Wie der Geist in den Blumen ist, so auch in den Bäumen. Es ist freylich nöthig, daß man mit den Figuren nun auch den rechten Punct in der Blume trifft, das, denk’ ich, soll sich aber schon finden; es kömmt da alles nur auf Courage und die Uebung an: kann doch ein Schlächter sich mit dem großen Schlächterbeil zwischen die Zehen hacken, ohne sich zu schaden. Nun meyne ich, auf solche Weise, daß immer bey allen Blumen-Compositionen grade die menschliche Empfindung dabey gemahlt würde, die dabey gehörte, müßten sich die Leute nach und nach daran gewöhnen, diese auch immer dabey zu denken. Das ließe sich nun freylich so geschwinde nicht erlangen, aber deswegen meyne ich auch, daß ich für meine Lebenszeit nie eine Blumen-Composition ohne Figuren machen wollte. – Das Rechte kann ich nur nicht so sagen, und viel weniger schreiben, wie ich’s meyne. Ich wollte nämlich das, wie ich zu den Begriffen von den Blumen und der ganzen Natur gelangt bin, wiedergeben in Bildern; nicht was ich mir denke und was ich empfinden muß, und was wahr und zusammenhangend darin zu sehen ist: sondern, wie ich dazu gekommen bin, und noch dazu komme, das zu sehen, zu denken und zu empfinden, so den Weg, den ich gegangen bin, und da müßte es doch curios seyn, daß andere Menschen das so gar nicht begreifen sollten. Es ist nur das, was ich zuvörderst wollte, viel schwieriger und man muß sich selbst gewaltig attrapiren können; aber jenes andere kann mir nicht viel helfen. An den meisten Tagen ist es zwar nicht möglich, sich so darzustellen, ohne närrisch zu werden, allein die sind auch nicht dazu da, und es giebt sich alles durch Gewohnheit. Die Sache würde für jetzt fast weit mehr zur Arabeske und Hieroglyphe führen, allein aus diesen müßte doch die Landschaft hervorgehen, wie die historische Composition doch auch daraus gekommen ist. So ist es auch nicht anders möglich, als daß diese Kunst aus der tiefsten Mystik der Religion verstanden werden müßte, denn daher muß sie kommen, und das muß der feste Grund davon seyn, sonst fällt sie zusammen, wie das Haus auf dem Sande. Ich bin auch beynahe gewiß, daß es völlig ruinirend für das Ganze seyn würde, gegen jemand, der es nicht versteht oder begreifen kann, davon zu sprechen, oder noch viel mehr, es öffentlich zu thun: das kann zu nichts führen, sie müssen durch einen Weg, der ihnen practisch vor die Augen gelegt wird, dahin gebracht werden, jeder, der es nicht begreift und nicht verstehen kann, wenn man’s auch tausendmal sagte; so ist’s doch besser.
An Ludwig Tieck.
– – Lieber T., es scheint mir doch, als würde ich bald sehen können, wie ich ein ganz ordentlicher Mensch würde, und alles arbeitet auch jetzt daran, so daß ich doch ein bischen was Festes in mir finde, woran ich mich halten kann.
Es sind mir so verschiedene Gedanken gekommen, die mir doch viel Grund zu haben scheinen, und ich kann sie noch gar nicht zum Wanken bringen, so daß ich fast meyne, sie stehen fest. Ich glaube, daß ich Sie nun ein wenig verstehe, was Sie eigentlich unter Landschaft meynen. In der ganzen alten Geschichte haben, wie es mir scheint, alle Künstler immer dahin gestrebt, in den Menschen das Regen und Bewegen der Elemente und Naturkräfte zu sehen, und auszudrücken; wie im Homer und in der eigentlichen Geschichte immer nicht sowohl die Menschen individuell, sondern so genommen sind, wie die gewaltige Zeit sich in ihnen geregt hat; auch im Shakspeare; und vorzüglich in allen den antiken Bildern, und dies wäre so nach meinen Gedanken wohl das Abzeichen und der bestimmteste Unterschied der historischen Kunst von der Landschaft; auf solche Weise wäre auch nach dem jüngsten Gericht von Michelangelo nicht gar viel mehr möglich gewesen. – Die Landschaft bestände nun natürlich in dem umgekehrten Satze, daß die Menschen in allen Blumen und Gewächsen, und in allen Naturerscheinungen, sich und ihre Eigenschaften und Leidenschaften sähen; es wird mir bey allen Blumen und Bäumen vorzüglich deutlich und immer gewisser, wie in jedem ein gewisser menschlicher Geist und Begriff oder Empfindung steckt und wird es mir so klar, daß das noch vom Paradiese her seyn muß; es ist grade so das reinste, was noch in der Welt ist, und worin wir Gott, oder sein Abbild – nämlich das, was Gott zu der Zeit, da er die Menschen schuf, Mensch geheißen hat – erkennen können. Denn weiter soll sich doch wohl der Mensch kein Bild von Gott machen, er kann es auch nicht. Es steht auch in der Bibel: „Als Gott der Herr gemacht hatte von der Erden allerley Thier auf dem Felde, und allerley Vögel unter dem Himmel, brachte er sie zu dem Menschen, daß er sehe, wie er sie nennete, denn wie der Mensch allerley lebendige Thier nennen würde, so sollten sie heißen.“ – Ich meyne, daß man das so nehmen könnte: welchen Geist der Mensch in sie legte, den sollten sie haben. Das wäre denn so erst die rechte Blume, denn ich nehme auch an, daß die Blumen dabey gewesen sind, und nun, dächte ich, müßten wir es einmal erst erforschen, was denn wohl noch für ein Name darin sitzt.
Wie der Teufel zuerst die Erde verbrannt hat und die arme Seele so tief und finster eingesperrt, da hat Gott das Licht ausgehen lassen, und nun sehnt sie sich zum Licht und das lebendige Wasser quillt aus dem harten Fels, und es gehen auf allerley Blumen und Kraut und viel lebendige Thiere, und viel hunderttausend Menschenstimmen sprechen für sie und sehnen sich zum Licht, und doch hält die arme Mutter tief in der Erde den Menschen fest und er kann sie nicht verlassen; und der Teufel kommt des Nachts und streut das giftige Unkraut und schlechtes Zeug dazwischen, daß lauter Unheil entsteht, und man den lieben Blumen nicht mehr traut; und nur durch die Offenbarung Gottes können wir sie alle wieder erkennen, und dann bleiben sie und vergehen nicht, so lange die Welt steht. Ich meyne, es ist dasselbe mit den Menschen, denn ganz wunderbar ist es, wie schöne und herrliche Gedanken manche Leute von sich geben, und wie fest die gesunde Natur alles ohne Bewußtseyn zusammenhangend in ihnen macht, aber wenn die Blüthe, die paar Jahre vergangen sind, so fallen sie ab, und es bleibt die elendeste Practik der Gedanken sowohl wie jeder andern Qualität in ihnen nach. Und wie die Blumen sich befruchten im Sonnenschein, und dann Frucht bringen, so ist es mit dem Menschen, der zu der kräftigen vollen Zeit seines Lebens Gottes Liebe erkennt und sich mit dem himmlischen Licht verbindet, in dem bleibt die Jugend ewiglich, und die Kunst und jede Wissenschaft wird je länger je fester in ihm.
„Lamech sprach zu seinen Weibern Ada und Zilla: Ihr Weiber Lamechs, höret meine Rede, und merket was ich sage: Ich habe einen Mann erschlagen mir zur Wunden, und einen Jüngling mir zur Beulen. Cain soll siebenmal gerochen werden, aber Lamech sieben und siebenzigmal.“ Das war der Lamech, von dem die Künste kommen, und dies war gewiß das beste und einzige, was sie hatten, als der Teufel das Unkraut gesäet hatte.
„Und Heva gebar einen Sohn, den hieß sie Seth. Denn Gott hat mir, sprach sie, einen Saamen gesetzt für Habel, den Cain erwürget hat. Und Seth zeugete auch einen Sohn, und hieß ihn Enos. Zu derselbigen Zeit fing man an zu predigen von des HERRN Namen,“ und das ist der gute Stamm, und der Zweig, auf welchem die rechte Frucht doch nur wachsen kann, und auf diesen festen Grund ist noch keine Kunst gebaut. Mich dünkt immer, wenn es das nicht ist, was ich meyne, wenn ich an eine schöne neue Kunst denke, so ist’s nicht viel, und so muß es doch wieder ganz den Gang der Schöpfung gehen, und wir müssen von dem Kraut auf dem Felde anfangen, das zu verstehen. – Und „Du sollst dir kein Bild von Gott machen,“ das ist nur die große Schönheit, die wir alle ahnen, – und es ist doch auch wieder da zu sehen: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr;“ und dann: „Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen, sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht; ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist, als derselben eine.“ Es ist so himmlisch schön, dieser allergrößten Schönheit nachzuspüren, daß ich den festen Glauben habe, ich werde hier etwas einsehen und verstehen lernen; und wenn wir nun dieses Land entdecken, was ist nun besser: wir setzen uns nur eben hinein und sprechen von da heraus allerley Herrlichkeiten in die Welt hinaus, die gar Wenige nur ahnen können, verstehen fast niemand? oder: wir suchen den Weg dahin ordentlich fahrbar zu machen?
Es muß in der Welt eine große Confusion machen und sehr viel Gutes zurückgehen und rein platt getreten werden, wenn einer das Höchste gleich ausspricht; der Saame findet keinen Grund und geht nicht auf. Wie würde es wohl geworden seyn, als der Teufel Christum auf die Zinne des Tempels führte und sagte: Bist du Gottes Sohn, so laß dich herab; und er nun der Versuchung nicht widerstanden hätte?
Ich meyne, lieber Tieck, daß, wenn wir das Land würklich entdeckten, wir unser Leben daran setzen müßten, die Brücken zu bauen; und so Schritt vor Schritt immer ein bischen davon sehen ließen.
Es ist mir so klar, daß doch die Blumen wenigstens mir sehr verständliche Geschöpfe sind, und ich sollte denken, daß ich es durch mein Leben ordentlich dahin bringen könnte, daß sie schon recht viel verstanden würden, wenn man es nur auf eine gescheute Art anfinge; und ich will Ihnen sagen, wie ich meyne, daß ich mir und dem werthen Publicum, wenn dem darum zu thun ist, ordentlich ein Thema aufgeben, und es hernach immer wiederholen und völlig durchführen könnte.
Sie wissen von der Idee mit der Quelle; ich habe öfters mit Ihnen davon gesprochen, und von daher sind mir alle diese Gedanken gekommen. Ich wollte nämlich auf diesem Bilde alle bekannten Blumen machen, die ich kenne, und die Bedeutung haben, und die haben sie alle, wenn wir sie nur recht darauf ansehen. Nun würde ich durch die Composition der Blumen jene ganze Idee von der ersten Entstehung an auszudrücken suchen, so daß die Lilie im höchsten Licht steht, wo sich die rothen, gelben, und blauen Blumen herumdrängen, und wo der Eichenbaum wie ein Held die Zweige über sie streckt. So sollen nun durch die muntern Töne aus der Quelle, die sich in die Blumen verlieren, die Blumen erst die Bedeutung erhalten, und in denselben muß eigentlich dieselbe Composition seyn, so daß dies ein Uebergang ist. Wie der Geist in den Blumen ist, so auch in den Bäumen. Es ist freylich nöthig, daß man mit den Figuren nun auch den rechten Punct in der Blume trifft, das, denk’ ich, soll sich aber schon finden; es kömmt da alles nur auf Courage und die Uebung an: kann doch ein Schlächter sich mit dem großen Schlächterbeil zwischen die Zehen hacken, ohne sich zu schaden. Nun meyne ich, auf solche Weise, daß immer bey allen Blumen-Compositionen grade die menschliche Empfindung dabey gemahlt würde, die dabey gehörte, müßten sich die Leute nach und nach daran gewöhnen, diese auch immer dabey zu denken. Das ließe sich nun freylich so geschwinde nicht erlangen, aber deswegen meyne ich auch, daß ich für meine Lebenszeit nie eine Blumen-Composition ohne Figuren machen wollte. – Das Rechte kann ich nur nicht so sagen, und viel weniger schreiben, wie ich’s meyne. Ich wollte nämlich das, wie ich zu den Begriffen von den Blumen und der ganzen Natur gelangt bin, wiedergeben in Bildern; nicht was ich mir denke und was ich empfinden muß, und was wahr und zusammenhangend darin zu sehen ist: sondern, wie ich dazu gekommen bin, und noch dazu komme, das zu sehen, zu denken und zu empfinden, so den Weg, den ich gegangen bin, und da müßte es doch curios seyn, daß andere Menschen das so gar nicht begreifen sollten. Es ist nur das, was ich zuvörderst wollte, viel schwieriger und man muß sich selbst gewaltig attrapiren können; aber jenes andere kann mir nicht viel helfen. An den meisten Tagen ist es zwar nicht möglich, sich so darzustellen, ohne närrisch zu werden, allein die sind auch nicht dazu da, und es giebt sich alles durch Gewohnheit. Die Sache würde für jetzt fast weit mehr zur Arabeske und Hieroglyphe führen, allein aus diesen müßte doch die Landschaft hervorgehen, wie die historische Composition doch auch daraus gekommen ist. So ist es auch nicht anders möglich, als daß diese Kunst aus der tiefsten Mystik der Religion verstanden werden müßte, denn daher muß sie kommen, und das muß der feste Grund davon seyn, sonst fällt sie zusammen, wie das Haus auf dem Sande. Ich bin auch beynahe gewiß, daß es völlig ruinirend für das Ganze seyn würde, gegen jemand, der es nicht versteht oder begreifen kann, davon zu sprechen, oder noch viel mehr, es öffentlich zu thun: das kann zu nichts führen, sie müssen durch einen Weg, der ihnen practisch vor die Augen gelegt wird, dahin gebracht werden, jeder, der es nicht begreift und nicht verstehen kann, wenn man’s auch tausendmal sagte; so ist’s doch besser.