Weissenfels, d. 15ten Februar 1801.
Wir sind wieder hier, lieber Tiek; die Aerzte riethen meinem Bruder Veränderung des Orts, und Ruhe, Bequemlichkeit, und gänzliche Lossagung von Geschäften und unruhigen Zerstreuungen; Alles dies fanden wir hier, und überdem sehnte sich mein Bruder sehr nach Hause. – Ihren lieben Brief, theurer Freund, habe ich erhalten, und wie sehr mir Ihre herzliche Theilnahme wohlgethan, und mich tief gerührt hat, kann ich nicht mit Worten ausdrücken; Ach lieber Tiek, das ist ja das Einzige, was uns auf diesem dürren Boden übrig bleibt; Alles vergeht und verschwindet in dem lockern Sande, und wie dankbar können wir seyn, wenn nur noch Theilnahme geliebter Freunde uns bis zum lezten Schritte dieses wunderlichen Labyrinthes begleitet. Mein Schicksal hat viel ähnliches mit den Ihrigen; Meine liebsten Wünsche, meine schönsten Hoffnungen versanken im Augenblick der Erfüllung, plözlich, wie von einem Blitzschlag bey klarem Himmel; Wohl mir! daß ich schon oft Stunden habe, wo die Erde mit allen ihren räthselhaften Begebenheiten tief unter mir liegt, und ich aus der reinen Luft einer künftigen Welt, hell und klar herabsehe; dann bin ich glücklich, und danke dem Unendlichen für diese himmlische Offenbarung; Aber wer kann sich losreißen auf immer von seinen Geliebten? Wer sich der Thränen bey ihren Leiden enthalten? Ich nicht! und ich will auch nur dulden, und in Ergebenheit die Lasten dieser Welt tragen. – Mit Friz geht es nicht gut; die Aussichten werden mit jedem Tage trüber; Wenn nur seine Leiden nicht gemehrt werden; denn jezt sind doch diese noch erträglich; Nun des Herrn Wille geschehe, er wird einst diese dunkeln Räthsel lösen. – Sie sind auch krank gewesen, guter Tiek? und haben doch zu uns kommen wollen? Nein, Sie haben es recht gemacht, daß Sie nicht gekommen sind; Sie hätten nur Leiden gesehen, und vielleicht Ihrer Gesundheit geschadet, und diese sind Sie ihrer Frau, Ihrem Kind und allen Ihren Freunden schuldig; ich suche mich nur vor eignen Vorwürfen, etwas versehen zu haben, zu hüten, dann wird alles leichter zu tragen. – Die Abreise von Dresden machte uns nur der Abschied von Ihrer guten Schwägerin, die wir herzlich lieben, und der Ernst schwer; sie haben beyde viel zur Erheiterung meines guten Friz beygetragen, und wir haben besonders der ersteren manche freundliche Stunde zu danken. Mit meiner Schwester Sidonie, gieng es auch nicht zum Besten, doch ist sie jezt wieder besser, und lebt bey meiner ältern Schwester, die in diesem Frühjahr ihre Niederkunft erwartet, in der Ober-Lausitz. – Leben Sie wohl, liebster Freund, grüßen Sie Ihre liebe Frau, auch von meiner Mutter, herzlich. Ewig
Ihr
Carl Hardenberg.
Wir sind wieder hier, lieber Tiek; die Aerzte riethen meinem Bruder Veränderung des Orts, und Ruhe, Bequemlichkeit, und gänzliche Lossagung von Geschäften und unruhigen Zerstreuungen; Alles dies fanden wir hier, und überdem sehnte sich mein Bruder sehr nach Hause. – Ihren lieben Brief, theurer Freund, habe ich erhalten, und wie sehr mir Ihre herzliche Theilnahme wohlgethan, und mich tief gerührt hat, kann ich nicht mit Worten ausdrücken; Ach lieber Tiek, das ist ja das Einzige, was uns auf diesem dürren Boden übrig bleibt; Alles vergeht und verschwindet in dem lockern Sande, und wie dankbar können wir seyn, wenn nur noch Theilnahme geliebter Freunde uns bis zum lezten Schritte dieses wunderlichen Labyrinthes begleitet. Mein Schicksal hat viel ähnliches mit den Ihrigen; Meine liebsten Wünsche, meine schönsten Hoffnungen versanken im Augenblick der Erfüllung, plözlich, wie von einem Blitzschlag bey klarem Himmel; Wohl mir! daß ich schon oft Stunden habe, wo die Erde mit allen ihren räthselhaften Begebenheiten tief unter mir liegt, und ich aus der reinen Luft einer künftigen Welt, hell und klar herabsehe; dann bin ich glücklich, und danke dem Unendlichen für diese himmlische Offenbarung; Aber wer kann sich losreißen auf immer von seinen Geliebten? Wer sich der Thränen bey ihren Leiden enthalten? Ich nicht! und ich will auch nur dulden, und in Ergebenheit die Lasten dieser Welt tragen. – Mit Friz geht es nicht gut; die Aussichten werden mit jedem Tage trüber; Wenn nur seine Leiden nicht gemehrt werden; denn jezt sind doch diese noch erträglich; Nun des Herrn Wille geschehe, er wird einst diese dunkeln Räthsel lösen. – Sie sind auch krank gewesen, guter Tiek? und haben doch zu uns kommen wollen? Nein, Sie haben es recht gemacht, daß Sie nicht gekommen sind; Sie hätten nur Leiden gesehen, und vielleicht Ihrer Gesundheit geschadet, und diese sind Sie ihrer Frau, Ihrem Kind und allen Ihren Freunden schuldig; ich suche mich nur vor eignen Vorwürfen, etwas versehen zu haben, zu hüten, dann wird alles leichter zu tragen. – Die Abreise von Dresden machte uns nur der Abschied von Ihrer guten Schwägerin, die wir herzlich lieben, und der Ernst schwer; sie haben beyde viel zur Erheiterung meines guten Friz beygetragen, und wir haben besonders der ersteren manche freundliche Stunde zu danken. Mit meiner Schwester Sidonie, gieng es auch nicht zum Besten, doch ist sie jezt wieder besser, und lebt bey meiner ältern Schwester, die in diesem Frühjahr ihre Niederkunft erwartet, in der Ober-Lausitz. – Leben Sie wohl, liebster Freund, grüßen Sie Ihre liebe Frau, auch von meiner Mutter, herzlich. Ewig
Ihr
Carl Hardenberg.