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August Wilhelm von Schlegel, Caroline von Schelling to Georg Joachim Göschen

[1] [Edierter Text von Josef Körner:]
Jena d. 3 Febr. 1797
Liebster Freund!
Ich bin lange in Ihrer Schuld geblieben, aber Sie würden mir meine Nachläßigkeit im Briefschreiben zu Gute halten, wenn Sie wüßten, wie es bey mir immer aus einer Arbeit in die andre geht. Mein Loos ist für alle Welt, nähmlich für das Publikum, zu schreiben, nur für meine Freunde nicht.
Ihre Aufträge an Schiller habe ich ausgerichtet; er ist alles sehr zufrieden, es bleibt also nun bey dem Abgeredeten. – Böttiger hat mir seine Ankündigung der lateinischen Autoren vorgelesen, ehe sie gedruckt ward: ich finde sie vollkommen zweckmäßig. Sie fragen mich: wann ich mit dem Propertius anfangen werde? Vorläufig mich vorbereitet habe ich schon viel; und die eigentliche Arbeit verspreche ich auch sobald anzufangen, als ich das dazu nöthige beysammen habe. Ich muß mich deswegen an Sie wenden, liebster Göschen, denn ich besitze die Bücher nicht selbst, kann sie auch hier nicht kaufen. Eine Ausgabe des Propertius, die ich habe, ist mir zwar in mancher Rücksicht nützlich, reicht aber nicht hin. Ich muß 1) eine haben, worin der Text sehr korrekt ist, so daß sie bey dem Text der neuen Ausgabe zum Grunde gelegt werden kann; 2) eine, wobey alle Auslegungen, verschiedne Lesearten, Konjekturen usw. zusammengetragen sind. Das letzte leistet unter allen nur die Burmannische die vor nicht vielen Jahren in Holland erschienen ist. Sie macht einen starken Quartband aus. Zu dem ersten Zwecke hat mir Böttiger eine [2] kleine Göttingische empfohlen, die er ihnen aber noch genauer angeben wird, damit keine Irrung damit vorgeht. Ich muß Sie also bitten mir diese beyden Ausgaben zu verschaffen, alsdann verspreche ich Ihnen an das Werk zu gehen, und alle Tage eine oder paar Stunden mich damit zu beschäftigen.
Von C. Rudolphiʼs Gedichten habe ich schon vor einiger Zeit der Lit. Zeitung eine Recension übergeben und gebeten, man möchte sie bald einrücken: sie ist noch nicht abgedruckt, wird aber wohl bald kommen. Die Recension von Böttigers Buche ist nicht von mir: ich konnte sie nicht machen, weil ich Iffland niemahls habe spielen sehn. Endlich ist der erste Theil von meines Bruders Versuchen über das klassische Alterthum bey Michaelis fertig geworden. Indessen ist Michaelis immer noch gleichsam nicht in Neustrelitz, und läßt seinen Diener an seiner Statt schreiben. Ich bin doch froh, daß ich glücklich von ihm los bin. Ich danke Ihnen für die Besorgung meines Manuskripts nach Berlin.
Von Ramdohrs Hochzeit hat man uns viel komisches erzählt. Erscheint die Urania noch auf Ostern? Und Klopstocks Oden?
Wieland hat einen starken Ausfall im 2ten Stück des Merkur auf Göthe und Schiller. Überhaupt ist unsre Litteratur durch die Xenien so kriegerisch geworden, daß es für einen so friedlich gesinnten Menschen, wie ich bin, recht schwer wird seinen Weg durch das Getümmel hindurchzufinden.
[3] Ich habe mich wohl gehütet, Ihren Brief zu verbrennen, wie Sie verlangen, aus Furcht er möchte noch einmahl gedruckt werden. Er ist mir werth wegen der Schilderung Ihrer häuslichen Weihnachtsfreude. Von der Gesundheit und dem Ehrenschusse haben wir leider nichts vernommen. Der Brief kam erst an, da beyde längst vorüber. Aber wir denken, auch ohne Gesundheittrinken, oft an Sie und Ihre liebe Gattin. Meine Frau nimmt mir die Feder weg, um noch einige Zeilen hinzuzusetzen. Ich umarme Sie herzlich, tausend Grüße an die Ihrigen.
A. W. S.

[Neutranskription:]
Gern möcht ich wißen wie sich die „liebe Gattin“ befindet, und ob es noch so dabey geblieben ist, daß sie im Frühling niederkömmt. Die Churfürstin von S. heißt es, hat sich anders besonnen, doch freylich ist die auch lange so geneigt nicht Kinder zu kriegen als wie die liebe Gattin. Aus mir spricht der Neid ‒ merken Sie das nicht? Schreiben Sie uns doch genau bester Freund, wann und wo die Begebenheit sich zutragen wird. Ich fürchte sehr es wird sich alles so kreuzen, daß ich Sie doch nicht en famille zu sehn bekomme ‒ das Landgut, die Niederkunft die Meße, der Zeitpunkt unsrer Reise, und die Convenienz unsrer Wirthe in Dresden. Also wann kommt man nieder, wann ist Meße, um welche Zeit können Sie uns noch oder [4] wieder sehn? Wir denken eben vor Ostern nach Dr. zu gehn, und es wäre wohl am hübschesten wenn wir Sie also bey unsrer Zurückkunft 4.‒3 Wochen später besuchten, wenn es so angeht und wir es dürfen. Die schönsten besten Grüße an alle.
Wißen Sie noch etwas von Ramdohr, so verschweigen Sie es uns nicht, denn es ist alles gar zu lustig was ihn betrift. Darüber kan man noch lachen, das Xenienwesen thut mir diesen Dienst nicht. Leben Sie denn wohl und bleiben uns gewogen.

Jena d. 3: Febr. 1797.
Schlegel
empf. d.
beantw. d. 8:
Febr.
Places
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  • Schlegel, August Wilhelm von  Zeitverzug  erläutern  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schlegel, August Wilhelm von  Vereinbarung  bekräftigen  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schlegel, August Wilhelm von  Literaturbeschaffung  erbitten  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schlegel, August Wilhelm von  Literaturbeschaffung  erbitten  Propertius, Sextus: Elegiarum
  • Schlegel, August Wilhelm von  Manuskript  senden  Schlegel, August Wilhelm von: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gedichte (Rezension)
  • Schlegel, August Wilhelm von  Manuskript  senden  Allgemeine Literatur-Zeitung (bis 1803: Jena; ab 1803: Halle)
  • Schlegel, August Wilhelm von  Autorschaftsattribution  Böttiger, Carl August: Entwickelung des Ifflandschen Spiels in vierzehn Darstellungen
  • Schlegel, August Wilhelm von  Publikation  sich freuen  Schlegel, Friedrich von: Die Griechen und Römer
  • Schlegel, August Wilhelm von  danken  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schlegel, August Wilhelm von  danken  Shakespeare, William: Ein Sommernachtstraum [Ü: August Wilhelm von Schlegel]
  • Schlegel, August Wilhelm von  danken  Shakespeare, William: Romeo und Julia [Ü: August Wilhelm von Schlegel]
  • Schlegel, August Wilhelm von  Erscheinen  erfragen  Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Venus Urania
  • Schlegel, August Wilhelm von  Erscheinen  erfragen  Klopstock, Friedrich Gottlieb: Oden
  • Wieland, Christoph Martin  tadeln  Goethe, Johann Wolfgang von
  • Wieland, Christoph Martin  tadeln  Schiller, Friedrich
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  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen  Göschen, Carl Friedrich
  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen  Göschen, Charlotte
  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen  Göschen, Georg Joachim, der Jüngere
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  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen  Göschen, Wilhelm Heinrich
  • Schlegel, August Wilhelm von  grüßen lassen  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schelling, Caroline von  Gesundheit  erfragen  Göschen, Johanna Henriette
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  • Schelling, Caroline von  grüßen  Göschen, Carl Friedrich
  • Schelling, Caroline von  grüßen  Göschen, Charlotte
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  • Schelling, Caroline von  grüßen lassen  Göschen, Georg Joachim, der Ältere
  • Schelling, Caroline von  Gerücht  interessiert sein  Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von
  • Schelling, Caroline von  negativ bewerten  Goethe, Johann Wolfgang von; Schiller, Friedrich: Xenien
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 3. Februar 1797
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel · , Caroline von Schelling ·
  • Recipient: Georg Joachim Göschen ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Leipzig · ·
Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 52‒53.
  • Weitere Drucke: Waitz, Georg: Caroline und ihre Freunde. Mittheilungen aus Briefen. Leipzig 1882, S. 38‒39.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37113
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.3,Nr.23(12)
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,2 x 18,9 cm
Language
  • German
Editors
  • Bamberg, Claudia (Anteil Neutranskription)
  • Varwig, Olivia (Anteil Neutranskription)

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